Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nicht durchsetzbar, wenn sie für einen Mieter aus gesundheitlichen Gründen eine existenzielle Bedrohung darstellen würde. Diese Sicht vertritt das Amtsgericht München (Az.: 433 C 10588/17).
Die Depression und die Angststörung einer Mieterin hat jetzt in München das Durchsetzen einer
Kündigung wegen Eigenbedarfs verhindert. Dem Münchener Amtsgericht zufolge ist die Eigenbedarfskündigung zwar wirksam. Das Mietverhältnis müsse jedoch auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden, da seine Beendigung für die Mieterin eine unzumutbare Härte wäre, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der Vermieter nicht zu rechtfertigen sei.
Kündigung wegen Depressionen und Angstzuständen unzumutbar
In dem verhandelten Fall hatte ein Ehepaar die seit 1998 an die Mieterin vermietete Ein-Zimmer-Wohnung in München-Langwied gekauft, um sie an ihre 21-jährige Tochter zu vermieten, die in München ein Studium aufnehmen wollte. Dem Gericht zufolge hat die Tochter glaubhaft angegeben, dass ihre Eltern die Wohnung gekauft hatten, um ihr einen guten Start in das Studium zu ermöglichen. Die Eigenbedarfskündigung sei daher wirksam.
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Dass das bestehende Mietverhältnis trotzdem fortgesetzt werden muss, begründen die Richter mit dem Gesundheitszustand der Mieterin. Die Mieterin hatte in ihrer Klage gegen die Kündigung angeführt, bereits seit ihrer Jugend psychische Probleme zu haben und inzwischen unter einer verfestigten depressiven Störung sowie einer Angststörung zu leiden.
Psychiater: Verlust der Wohnung wäre existenzielle Bedrohung
Der Verlust ihrer Wohnung und der gewohnten Umgebung würde demnach zu einer akuten weiteren Verschlechterung der Erkrankungen und eventuell zum Suizid führen. Um eine Ersatzwohnung habe sie sich bereits vielfach aber erfolglos bemüht. Der behandelnde Psychiater bezeugte im Verfahren, dass die Mieterin die Aussicht, ihre Wohnung zu verlieren, als existenzielle Bedrohung wahrnehme und sich durch einen Umzug ihr Zustand verschlechtern würde.
Die Suizidgefahr schätzte er – selbst bei stationärer Behandlung oder zumindest bei besonders engmaschiger ärztliche Begleitung während eines Umzugs – als ernstzunehmend ein. Vor diesem Hintergrund kamen die Richter zu dem Schluss, dass die Mieterin nicht räumungsfähig ist.
Berufung zurückgenommen, Urteil rechtskräftig
Der aus Sicht des Gerichts entscheidende Unterschied zwischen der Tochter der Vermieter und der Mieterin ist, dass die 21-jährige Tochter keine psychischen Krankheiten hat und gerade am Anfang ihres Studienlebens steht, das für gesunde Menschen vielfältige Möglichkeiten biete. Ihr Interesse an der Wohnung müsse daher gegenüber dem Interesse der Mieterin am Erhalt der Wohnung zurücktreten.
Nach der Entscheidung des Amtsgerichts bestätigte ein vom Berufungsgericht beauftragter weiterer psychiatrischer Sachverständige die erstinstanzliche Einschätzung des behandelnden Kollegen. Daraufhin wurde die Berufung zurückgenommen, das Urteil des Amtsgerichts München ist rechtskräftig.
Erstellt von (Name) W.V.R. am 15.02.2019
Geändert: 20.12.2019 10:44:31
Autor:
Petra Hannen
Quelle:
Amtsgericht München
Bild:
panthermedia.net / Lars Zahner
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