Wann verjähren Schadensersatzansprüche des Vermieters?
Immer wieder kommt es in Mietwohnungen zu
Schäden, für welche die Mieter verantwortlich sind. Vermieter möchten dann meist Schadensersatz geltend machen. Dies ist aber in der Praxis oft schwierig. Denn: Solche Schäden werden meist erst beim Auszug entdeckt. Auch findet die abschließende Abrechnung von
Restforderungen aus dem Mietverhältnis häufig erst Monate später statt. Nicht selten berufen sich Mieter auf Verjährung.
Wann verjährt ein Schadensersatzanspruch des Vermieters nach dem Gesetz?
Nach
§ 548 Abs. 1 BGB verjähren Schadensersatzansprüche wegen einer Verschlechterung oder Veränderung der Mietwohnung innerhalb von sechs Monaten. Die
Verjährungsfrist beginnt mit der Rückgabe der Mietwohnung.
Dies führt zu der Frage:
Wann gilt eine Wohnung als zurückgegeben?
- Nach einer ordnungsgemäßen Schlüsselübergabe mit Übergabeprotokoll?
- Oder wenn der Mieter anbietet, die Wohnung zurückzugeben, obwohl noch Verhandlungen über Mängel oder den Umgang mit Einbauten laufen?
- Oder wenn der Mieter dem Vermieter kommentarlos den Wohnungsschlüssel in den Briefkasten wirft?
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Urteil: Verjährung trotz Streit um Einbauten?
Ein wichtiges
Urteil des Bundesgerichtshofes stammt von 2019. Damals ging es um Gewerberäume, der Sachverhalt ist jedoch auf Wohnräume übertragbar. Der Mieter hatte im Oktober 2012 das Objekt geräumt. Allerdings befanden sich darin noch Einbauten, die er laut Mietvertrag entfernen musste. Er wollte noch mit der Vermieterin über eine
Übernahme der Einbauten verhandeln. Am 9.11.2012 bot er schriftlich die sofortige Rückgabe der Räume an und schlug entsprechende Verhandlungen vor. Es kam jedoch erst Mitte Dezember zu einer Besichtigung.
Im Januar verlangte die Vermieterin weitere
Instandsetzungsarbeiten. Am 8.2.2013 gab der Mieter endgültig die Schlüssel zurück. Die Vermieterin stellte danach noch weitere Schäden fest. Im Juni 2013 lehnte der Mieter deren Beseitigung endgültig ab. Am 8.7.2013 klagte die Vermieterin auf Schadensersatz.
Der Mieter hielt ihre Ansprüche für verjährt. Tatsächlich gab ihm zunächst das Oberlandesgericht Recht: Die Vermieterin habe sich seit seinem
schriftlichen Rückgabeangebot vom 9.11.2012 in Annahmeverzug mit der Rücknahme der Räume befunden. Daher habe an diesem Datum die sechsmonatige Verjährungsfrist begonnen.
Der
Bundesgerichtshof sah das anders: Die Mietsache gelte erst als zurückgegeben, wenn der Vermieter darüber wieder die "unmittelbare Sachherrschaft" ausübe. Der Mieter müsse den Besitz der Räume vollständig und ohne Einschränkungen aufgegeben haben. Erst dann könne sich der Vermieter endgültig ein Bild über mögliche Schäden machen.
Demnach begann hier die Verjährung nicht mit dem
Rückgabeangebot am 9.11.2012 zu laufen, bei dem immer noch Verhandlungen über Einbaumöbel offen waren, sondern erst mit der endgültigen Schlüsselübergabe am 8.2.2013.
Ergebnis: Die Schadensersatzforderung war bei Klageerhebung nicht verjährt, da die sechs Monate des § 548 Abs. 1 BGB noch nicht abgelaufen waren (Urteil vom 27.2.2019, Az. XII ZR 63/18).
Verjähren Ansprüche des Vermieters erst nach 30 Jahren?
Der Bundesgerichtshof hat sich auch schon mit fehlerhaft verlegten Badezimmerfliesen befasst. Diese hatte der Mieter einer Wohnung kurz nach seinem Einzug im Jahr 1981 als Ersatz für Holzdielen eingebaut. Dabei wurde auch erstmals ein Wasserabfluss im Badezimmerfußboden installiert. Was fehlte, war jedoch eine nach den anerkannten bautechnischen Regeln erforderliche
Dichtung. Dadurch sickerte immer wieder Wasser in die Decke der darunter liegenden Wohnung – zunächst unbemerkt.
2016 öffneten sich dann die Schleusen und aus der Decke der anderen Wohnung ergoß sich ein Wasserschwall. Wie sich zeigte, waren die
Stützbalken in der Decke bereits durch Feuchtigkeit einsturzgefährdet. Die
Theorie der Vermieter: Die an den Rollstuhl gebundene Mieterin habe einfach über dem Fußbodenabfluss geduscht. Dabei sei das Wasser in die Decke gesickert.
Das
Landgericht Berlin wies die Schadensersatzklage des Vermieters ab: Hier sei die 30-jährige Verjährungsfrist für sonstige Schadensersatzansprüche anzuwenden (§ 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB). Diese beginne mit der Pflichtverletzung zu laufen, die den Schaden verursacht habe – also mit dem Verlegen der Fliesen. Da seitdem über 30 Jahre vergangen wären, sei der Anspruch verjährt.
Der Bundesgerichtshof wollte die
30-jährige Verjährungsfrist nicht anwenden. § 548 BGB enthalte mit der sechsmonatigen Verjährungsfrist für Ansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache eine Sonderregel. Diese ginge der allgemeinen Verjährungsregel des § 199 BGB vor.
Die
sechsmonatige Frist beginne erst mit dem Auszug des Mieters, weil sich der Vermieter erst dann ein genaues Bild von möglichen Schäden machen könne, wenn er wieder vollständig im Besitz der Wohnung sei. Wie lange die
Pflichtverletzung des Mieters zurückliege, auf welcher der Schaden beruhe, sei nicht entscheidend. Auch sorge die kurze Verjährungsfrist für einen vernünftigen Interessenausgleich zwischen Mieter und Vermieter, da sie den Vermieter dazu anhalte, seine Ersatzansprüche zügig geltend zu machen.
Ergebnis: Der Anspruch war nicht verjährt (Urteil vom 29.9.2022, Az. VIII ZR 132/20).
Übrigens kann der Vermieter in Schadensfällen, die über die
Gebäudeversicherung abgedeckt sind, verpflichtet sein, sich an diese zu halten und nicht an den Mieter. Voraussetzung ist, dass kein Regress des Versicherers gegen den Mieter möglich ist. Der BGH wies im Urteil darauf hin, dass auch dies ein Grund für eine Klageabweisung sein kann.
Startet ein Schlüsseleinwurf in den Briefkasten die Verjährung?
2025 ging es vor dem BGH um die Frage, ob der Mieter durch den Einwurf des Schlüssels in den Briefkasten des Vermieters den Lauf der Verjährungsfrist startet. Hier ging es erneut um
Gewerberäume.
Der Mieter hatte zum 17.6.2020 gekündigt, aber die
Kündigungsfrist verpasst. Damit lief das Mietverhältnis noch bis zum 4.6.2021 weiter. Der Mieter nutzte die Räume bis 31.12.2020. An diesem Tag zog er aus und warf dem Vermieter den Schlüssel in den Briefkasten. Der Vermieter erklärte daraufhin in einem Schreiben vom 7.1.2021, dass die
Rückgabe der Schlüssel gegen seinen Willen erfolgt sei.
Er sei nicht bereit, die Rückgabe der Mieträume zu akzeptieren. Im Juni 2021 machte der Vermieter gegenüber dem Mieter
Schadensersatzansprüche wegen Schäden an den Räumen geltend. Ende August 2021 beantragte er schließlich einen Mahnbescheid über rund 30.000 Euro. Der Mieter sah die Ansprüche als verjährt an.
Der Bundesgerichtshof setzte seine bisherige Rechtsprechung fort: Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 BGB beginne in dem Moment zu laufen, in dem der Mieter ohne Einschränkungen den Besitz an den Mieträumen aufgebe und der Vermieter wieder uneingeschränkten Zugang dazu erhalte. Zwar sei kein Vermieter verpflichtet, die Mietwohnung "auf Zuruf" nach Belieben des Mieters zurückzunehmen. Wenn er aber tatsächlich
uneingeschränkten Zugriff auf die Mieträume erhalten habe und der Mieter keinen Zugang mehr dazu habe, spiele dies keine Rolle.
Mit anderen Worten: Sobald der Vermieter die
Schlüssel in seinem Briefkasten gefunden hatte – hier spätestens am 7.1.2021 – begann die Verjährungsfrist zu laufen. Laut BGH erfordert der Fristbeginn nicht, dass das Mietverhältnis beendet ist. Es kommt allein darauf an, dass der Vermieter alleinigen, uneingeschränkten Zugang zu den Räumen hat. Auch sein Protest, dass die Rückgabe gegen seinen Willen erfolgt sei, änderte laut BGH nichts. Schließlich habe er den zurückgegebenen Schlüssel behalten. Anders gelagert sind Fälle, in denen die Rückgabe des Schlüssels angeboten, dieser aber nicht angenommen wird.
Ergebnis: Die Verjährungsfrist war abgelaufen und der Vermieter konnte keinen Schadensersatz mehr geltend machen (Urteil vom 29.1.2025, Az. XII ZR 96/23).
letzte Änderung U.M. am 10.06.2025
Autor(en):
Ulf Matzen
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Autor:in
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Herr Ulf Matzen
Ulf Matzen ist Volljurist und schreibt freiberuflich Beiträge für Online-Portale und Unternehmen. Ein wichtiges Thema ist dabei das Immobilienrecht, aber auch das Verbraucherrecht ist häufig vertreten. Ulf Matzen ist Mitautor des Lexikons "Immobilien-Fachwissen von A-Z" (Grabener-Verlag) sowie von Kundenzeitungen und Ratgebern.
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