Begehen Mieter
Straftaten, kann dies Folgen für das Mietverhältnis haben. Für die Vermieterseite kann es sinnvoll sein, den
Mietvertrag zu beenden - besonders, wenn es sich um Straftaten gegen den Vermieter oder andere Hausbewohner handelt. Denkbar ist aber auch, dass Mieter Straftaten ohne direkten Bezug zum Mietverhältnis begehen. Wann dürfen Vermieter kündigen?
Vermieter brauchen einen wichtigen Grund, um ein
Mietverhältnis fristlos zu kündigen. Das Gesetz gibt in
§ 543 Abs. 2 BGB Beispiele wie Mietschulden in bestimmter Höhe. Werden andere Pflichten aus dem Mietverhältnis verletzt - etwa die ungeschriebene Pflicht auf gegenseitige Rücksichtnahme unter Wohnungsnachbarn oder gegenüber dem Vertragspartner - ist eine
fristlose Kündigung meist erst nach erfolgloser Abmahnung möglich.
Dies gilt nicht, wenn eine
Abmahnung keinen Erfolg verspricht oder eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auch nur für den Zeitraum der
Kündigungsfrist selbst unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen unzumutbar ist.
Straftaten gegen die Vermieterseite
Fall: Messerangriff auf Hausmeister
In einer Wohnung wohnte ein Ehepaar mit erwachsenem Sohn. Der Hausmeister klopfte an die Wohnungstür, weil er den Sohn bitten wollte, ihn bei einer
Zustandsbesichtigung des
Kellerabteils zu begleiten.
Es öffnete der Ehemann. Dieser packte den Hausmeister, beschimpfte ihn und bedrohte ihn mit einem 30 cm langen Küchenmesser. Er machte auch Wurfbewegungen mit dem Messer in Richtung des Hausmeisters. Die
Vermieterin kündigte fristlos. Die Mieterin weigerte sich, auszuziehen. Ihr Mann leide unter Demenz und sei für sein Tun nicht verantwortlich.
Das Amtsgericht sah die fristlose Kündigung als gerechtfertigt an. Beleidigung, Nötigung und Bedrohung seien
Straftaten und damit auch Verletzungen des Mietvertrages. Tätliche Angriffe auf ihre Angestellten müsse die Vermieterin nicht hinnehmen. Hier handle es sich um einen so schweren Verstoß, dass eine Abmahnung nicht nötig gewesen sei.
Die Mieterin habe für das Verhalten aller Personen einzustehen, die sie in die Wohnung aufgenommen habe. Die mögliche
Demenz ändere nichts (Amtsgericht Karlsruhe, Urteil vom 19.12.2012, Az. 6 C 387/12).
Fall: Beleidigungen gegen den Vermieter
Geht es um
Beleidigungen, schauen die Gerichte genau hin: Was wurde in welchem Zusammenhang gesagt, gegenüber wem und gab es eine Provokation? Ein Ehepaar hatte zwei Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus gemietet. Nach einigen Jahren verstarb der Mann und die Ein-Zimmer-Wohnung wurde vom Betreuer der nun pflegebedürftigen Ehefrau bezogen. Dieser übernahm gegen Bezahlung deren Pflege.
Es kam zu
Unstimmigkeiten zwischen
Vermieterin und Betreuer wegen
Lärm und wiederholten beleidigenden Briefen des Betreuers an Vermieter, Hausverwaltung und Nachbarn. Die Vermieterin kündigte der Mieterin und ihrem Betreuer zwei Mal fristlos wegen Beleidigungen und verspäteter Mietzahlung.
In einer weiteren E-Mail des Betreuers bezeichnete dieser die Hausverwaltung dann unter anderem als "feindselige und sehr gefährliche terroristen nazi ähnliche braune mist haufen". Die Vermieterin sei "ein Schlangenkopf" und mache sich "langsam lächerlich wie Affe". Es folgte die dritte
fristlose Kündigung beider Wohnungen und eine
Räumungsklage.
Während das Amtsgericht noch zugunsten der 95-jährigen, bettlägerigen Mieterin entschieden hatte, sah das Landgericht den Fall anders. Dazu trug bei, dass der Betreuer inzwischen die Vermieterin wegen "versuchter fahrlässiger Tötung" angezeigt und die Strafanzeige für weitere Ausfälle genutzt hatte. Dem Gericht zufolge stellten insbesondere die Beleidigungen mit
Nazi-Vergleichen einen
Kündigungsgrund dar.
Diese seien keine Reaktion auf
Provokationen gewesen. Die Vermieterseite habe immer einen sachlichen Ton bewahrt, während dies bei der Gegenseite nicht der Fall gewesen sei. Die Kündigung sei rechtmäßig (Landgericht München I, Urteil vom 20.01.2016, Az. 14 S 16950/15).
Straftaten gegen andere Hausbewohner
Fall: Brandstiftung an PKW
Ein Mieter hatte einen
PKW in Brand gesetzt, der 20 Meter vom Haus entfernt auf einem Privatparkplatz stand, den die Mieter dieser Häuserzeile nutzen. Offenbar litt der Mieter unter Verfolgungswahn und wollte vermeintliche Geheimagenten abschrecken. Nach Beschwerden anderer Mieter, die nun Angst um ihr Leben hatten, kündigte die Vermieterseite dem Mann fristlos.
Während das Amtsgericht sich auf die Seite des Mieters stellte (es sah in dem brennenden Auto keine Gefährdung der Mietsache) bestätigte das Landgericht in zweiter Instanz die
Kündigung. Der
Parkplatz gehöre zum Haus und werde von anderen Mietern genutzt. Die Tat habe ausreichenden Bezug zum Mietverhältnis, um dieses zu beenden, unabhängig davon, wie groß die Gefahr für das Haus gewesen sei.
Der Mieter habe seine
Neigung zu Gewalt und
gemeingefährlichem Verhalten gezeigt. Er stünde sei Jahren wegen psychischer Probleme unter Betreuung und nehme oft seine Medikamente nicht ein. Die Sorgen der anderen Mieter seien berechtigt (Landgericht Köln, Urteil vom 29.09.2017, Az. 10 S 28/17).
Fall: Beleidigungen, Drohungen und Körperverletzung
Ein Mieter war schon abgemahnt worden, da er die
Hausordnung nicht beachtete und sich unangemessen gegenüber den Mitmietern verhielt. Offenbar ärgerte sich der Mann darüber, dass eine Gruppe von Hausbewohnern oft an einem Tisch vor dem Haus mit Nachbarn zusammensaß. Eines Tages
verprügelte er einen
Wohnungsnachbarn im Treppenhaus derart, dass dieser mehrere gebrochene Finger, ein angerissenes Ohr und eine Schulterprellung davontrug und in der Notaufnahme landete.
Er wusste, das der Nachbar ein transplantiertes Herz hatte. In der Folgezeit
beleidigte und
bedrohte er mehrfach andere Mieter, ließ einem die Luft aus den Autoreifen und besprühte die Sitzgruppe mit einer stinkenden Flüssigkeit. Dem bereits verletzten Mieter drohte er einen Wohnungseinbruch mit weiteren Schlägen an. Nun erhielt er die
fristlose Kündigung. Er zog nicht aus und setzte sein Verhalten fort.
Das Gericht betonte: Straftaten und selbst einzelne
Beleidigungen könnten ein solches Gewicht haben, dass die
Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung auf der Hand liege. Die diversen Vorkommnisse seien durch Zeugenaussagen nicht nur belegt, sondern durch Berichte über weitere Vorfälle ergänzt worden, darunter Morddrohungen. Das Gericht verurteilte den Mieter zur Räumung (Amtsgericht Brandenburg, Az. 31 C 181/18, Urteil vom 31.7.2019).
Allgemeine Straftaten
Fall: Marihuana in der Wohnung
Die Polizei hatte eine Mietwohnung durchsucht und beim Sohn der Mieter 17 Gramm Marihuana gefunden. Obwohl dies die sogenannte Eigenverbrauchsmenge überschritt, gab es
keine Beweise für
Drogenhandel. Dem Gericht zufolge reichte der bloße Besitz nicht für eine Kündigung aus (Amtsgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 8.2.2019, Az. 33 C 2802/18). Ein Urteil zweiter Instanz steht noch aus.
In einem anderen Fall fand die Polizei eine große Menge Hanfpflanzen, die der Mieter
professionell angebaut hatte. Er berief sich auf medizinische Gründe, die er nicht beweisen konnte. Das Amtsgericht Karlsruhe gab der
Räumungsklage statt. Der Mieter habe in der Wohnung Rauschgift produziert und damit eine Straftat begangen. Die Anzahl der Pflanzen spreche gegen einen Einzelfall (Urteil vom 3.2.2017, Az. 6 C 2930/16).
Fall: Illegaler Besitz einer Schusswaffe
Eine Berliner Wohnung war im Zusammenhang mit einem spektakulären
Museumseinbruch von der Polizei durchsucht worden. Gefunden wurde kein Diebesgut, sondern eine Pistole mit einem Magazin voll scharfer Munition. Die Mieterin und ihre bei ihr wohnenden Söhne hatten keinen Waffenschein.
Das Landgericht sah die fristlose Kündigung durch die Vermieterin als rechtmäßig an. Ein
Verstoß gegen das
Waffengesetz sei eine
Straftat, die Aufbewahrung einer geladenen Waffe gefährde andere Mieter. Es spiele keine Rolle, dass das Ermittlungsverfahren wegen unerlaubtem Waffenbesitz eingestellt worden sei. Die Mieterin müsse für das Verhalten ihrer Söhne einstehen, denen sie die Mitnutzung ihrer Wohnung erlaubt habe (Beschluss vom 25.06.2018, Az. 65 S 54/18).
Fazit:
Straftaten berechtigen Vermieter in vielen Fällen zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages. Ausnahmen können der reine Besitz von Drogen (ohne Handel oder Produktion) sein, oder auch weniger schwerwiegende oder provozierte Beleidigungen.
letzte Änderung U.M.
am 30.11.2024
Autor(en):
Ulf Matzen
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Autor:in
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Herr Ulf Matzen
Ulf Matzen ist Volljurist und schreibt freiberuflich Beiträge für Online-Portale und Unternehmen. Ein wichtiges Thema ist dabei das Immobilienrecht, aber auch das Verbraucherrecht ist häufig vertreten. Ulf Matzen ist Mitautor des Lexikons "Immobilien-Fachwissen von A-Z" (Grabener-Verlag) sowie von Kundenzeitungen und Ratgebern.
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