Oft hört man von
Balkon-Solarkraftwerken, die auch Mieter und Bewohner von Mehrfamilienhäusern nutzen können, um ihren eigenen Strom zu erzeugen. Wie effektiv sind diese Geräte, und was ist dabei zu beachten?
Zu einem
Balkon-Solarkraftwerk gehören meist zwei
Photovoltaik-Module, ein Wechselrichter, der Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt, Kabel und oft ein Strommessgerät. Der Strom wird über eine Steckdose eingespeist. Läuft ein Elektrogerät, wird er verbraucht. Ansonsten fließt er ins Stromnetz. Die Geräte können von Privatpersonen aufgestellt und angeschlossen werden. Ihre Ausgangsleistung ist meist auf 600 Watt begrenzt.
Was bringt das Balkon-Solarkraftwerk?
"Reich wird damit keiner" titelte im November 2022 die "Wirtschaftswoche". Aber: Reichtum ist nicht der Sinn eines Balkonkraftwerkes: Es soll zusätzlichen Strom liefern, um einen Teil des Haushaltsbedarfs zu decken. Für eine Einspeisung gegen Vergütung reicht die Kapazität nicht. Auch ist der
Eigenverbrauch wegen der geringen Vergütungen lohnender. Netzbetreiber fordern bei Einspeisung eine genauere Prüfung der Anlage auf die Konformität mit ihrem Netz.
Vorteil des Balkonkraftwerkes ist, dass der erzeugte
Strom direkt über einen Stecker
ins Hausnetz eingespeist und genutzt werden kann. Nach einer Studie der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft gab es Ende 2021 circa 190.000 Balkonkraftwerke in Deutschland. Ihre Gesamtleistung soll sich laut Bundeswirtschaftsministerium auf 120 Megawatt belaufen – das entspricht 20 Windrädern. Die Tendenz ist stark steigend, mit der Folge oft monatelanger Lieferzeiten.
Wann sich ein
Balkonkraftwerk amortisiert, hängt von Sonneneinstrahlung und Strompreis ab. Nach einer Faustregel kann man in Süddeutschland pro Wattzahl der Nennleistung des Solarmoduls von einer Jahresleistung von 1 Kilowattstunde (kWh) ausgehen, in Norddeutschland von 10 Prozent weniger (Quelle: ingenieur.de, VDI Verlag).
Bei einer Nennleistung von 600 Watt wären dies also 600 Kilowattstunden im Jahr. Kommt der geplante
Strompreisdeckel bei 40 Cent pro kWh in 2023, beträgt die Ersparnis 240 Euro im Jahr. Im November 2022 liegt der durchschnittliche Strompreis aber bei 48,16 Cent (Quelle: Verivox). Ein Haushalt mit einem Verbrauch von 3.500 kWh zahlt somit jährlich etwa 1.685 Euro.
Balkon-Solaranlagen mit 600 Watt gibt es zwischen etwa 500 und 1.200 Euro. Eine Anlage für 1.000 Euro rechnet sich bei 240 Euro Ersparnis im Jahr nach etwas über vier Jahren. Dies kann je nach Strompreis variieren. Die Anschaffung lohnt sich durchaus – zumal die Anlage 20 Jahre lang laufen kann, bei einen Umzug einfach mit eingepackt wird und zum
Klimaschutz beiträgt.
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Wo muss man das Balkon-Solarkraftwerk anmelden?
Auch ein Mini-Solarkraftwerk bis 600 Watt muss bei der Bundesnetzagentur (laut Gesetz) und beim eigenen Netzbetreiber (laut dessen AGB) angemeldet werden. Dies kann online stattfinden. Die Anmeldung erfolgt beim
Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur. Bei Nichtanmeldung beim Marktstammdatenregister droht ein Bußgeld.
Warum nur 600 Watt?
Die VDE-Norm VDE-AR-N 4105, in Kraft seit 27.4.2019, erlaubt Verbrauchern,
steckbare PV-Anlagen bis 600 Watt selbst beim Netzbetreiber anzumelden. Größere Anlagen dürfen nur von einem Elektroinstallateur angemeldet werden, der zuvor das Hausnetz und die Sicherungen geprüft hat.
Es ist unzulässig, mehrere Balkon-Solarkraftwerke mit je 600 Watt zu koppeln. Werden diese über eine Mehrfachstreckdose ans Stromnetz angeschlossen, besteht Überhitzungs- und Brandgefahr. Für manche Fotovoltaikanlagen mit hoher Kapazität, die gegen Einspeisevergütung Strom ins öffentliche Netz liefern, ist eine
Gewerbeanmeldung erforderlich.
Wie werden Balkon-Solaranlagen installiert?
Bei einem Balkon-Solarkraftwerk werden die Solarmodule senkrecht am Balkongeländer oder schräg auf einem Gestell auf dem Balkon angebracht. Die Module können auch auf einem Flachdach oder einer Terrasse angebracht werden. Zur
Befestigung reichen oft Schrauben oder Schlauchschellen aus. Die Solarmodule sollten sturmsicher installiert sein.
Seit Jahren streiten Fachleute darüber, ob ein Balkon-Solarkraftwerk einfach vom Käufer mit einem normalen
Schuko-Stecker angeschlossen werden kann, oder ob man eine sogenannte Wieland-Steckdose braucht, die ein Elektriker für einen dreistelligen Betrag installiert. Letzteres verlängert den Zeitraum der Amortisation.
Ein
Wieland-Stecker hat dickeres Plastik und keine freiliegenden Pins. Dies dient dem Berührungsschutz und schützt auch vor einem theoretisch möglichen Überspringen von Funken. Allerdings schaltet sich der Wechselrichter bei gezogenem Netzanschluss ohnehin nach 0,2 Sekunden ab. Ein eingesteckter Wieland-Stecker lässt sich nur noch mit einem Schraubenzieher lösen - dies kann eine gute Kindersicherung sein.
Netzbetreiber und Elektrohandwerker weisen gern darauf hin, dass die Wieland-Steckdose gesetzlich vorgeschrieben ist. Das ist sie nicht. Vorgeschrieben ist sie nach den vom VDE (Verband deutscher Elektrotechniker e.V.) erstellten technischen Normen. Dies sind keine Gesetze. § 49 des
Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) legt fest, dass Energieanlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist.
Dabei sind die allgemein anerkannten
Regeln der Technik zu beachten. Werden die technischen Regeln des VDE beachtet, gilt eine gesetzliche Vermutung dafür, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik beachtet wurden.
Aber: Eine
gesetzliche Vermutung ist keine gesetzliche Pflicht, sondern eine Beweislastregel. Folgt man diesen Regeln nicht und verzichtet auf den Wieland-Stecker, muss man im Schadensfall dem Geschädigten (Versicherung, Vermieter) nachweisen, dass der Schuko-Stecker sicher genug war.
Dies könnte schwierig sein. Die andere Seite: Es sind bisher keine Fälle bekannt, in denen Schuko-Stecker an Balkonkraftwerken für
Schadensfälle oder Verletzungen verantwortlich gewesen wären. In diversen Ländern (Niederlande, Österreich, Schweiz) erfolgt der Anschluss immer über Schuko-Stecker.
Letztendlich ist dies Ihre
Entscheidung als Nutzer. Vielleicht besteht der Netzbetreiber auch auf einer Wieland-Steckdose als
Anmeldevoraussetzung. In Gebäuden mit sehr alter Elektrik bietet es sich an, vor dem Anschluss Sicherungen und Leitungen durch eine Elektrofachkraft prüfen zu lassen. Als Standardverfahren sollte dies nicht nötig sein. Zum
Vergleich: Ein handelsüblicher Toaster hat mindestens 800 Watt und damit 200 Watt mehr als ein Balkonkraftwerk.
Wichtig ist ein moderner Stromzähler. Sind alle Verbraucher im Haushalt ausgeschaltet, fließt der Strom ins öffentliche Netz. Alte Zähler drehen sich dann rückwärts. Dies ist aus Sicht der Stromanbieter unzulässig. Es kann also sein, dass ein
neuer Zähler nötig ist – oder ein Balkonkraftwerk mit abschaltbarer Netzeinspeisung.
Was müssen Mieter und Wohnungseigentümer beachten?
Dazu gibt es ein Urteil des Amtsgerichts Stuttgart. Eine Vermieterin hatte auf Beseitigung eines von ihren Mietern angeschafften Balkonkraftwerkes geklagt. Das Gericht entschied: Vermieter müssen gefragt werden. Sie dürfen die Erlaubnis aber nicht verweigern, wenn
- es keinen triftigen, sachbezogenen Grund gibt,
- die Solaranlage auf dem Balkon baurechtlich zulässig ist,
- optisch nicht stört,
- leicht zurückgebaut werden kann,
- fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache installiert ist,
- keine erhöhte Brandgefahr oder sonstige Gefahr von der Anlage ausgeht.
Hier war die Anlage zu erlauben (AG Stuttgart: Urteil vom 30.3.2021, Az. 37 C 2283/20). Auch bei Eigentumswohnungen können sich Probleme ergeben: Ist die Anlage sichtbar, stört sie das einheitliche Bild der Fassade. Änderungen am Gemeinschaftseigentum (Bohrlöcher in Außenwänden, Stromzähler, Leitungen) müssen von der
Eigentümerversammlung erlaubt werden. Sobald in irgendeiner Form das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, empfiehlt es sich, die Erlaubnis der Eigentümerversammlung einzuholen.
letzte Änderung U.M.
am 28.10.2024
Autor(en):
Ulf Matzen
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Cigdem Simsek
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Autor:in
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Herr Ulf Matzen
Ulf Matzen ist Volljurist und schreibt freiberuflich Beiträge für Online-Portale und Unternehmen. Ein wichtiges Thema ist dabei das Immobilienrecht, aber auch das Verbraucherrecht ist häufig vertreten. Ulf Matzen ist Mitautor des Lexikons "Immobilien-Fachwissen von A-Z" (Grabener-Verlag) sowie von Kundenzeitungen und Ratgebern.
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