Mieter können
unter bestimmten Voraussetzungen ihre Miete kürzen, also mindern. Nach § 536 BGB können sie dies tun, wenn die Wohnung bei der Übergabe an den Mieter einen
Mangel hatte, der ihre Nutzbarkeit zum vertraglich vereinbarten Zweck beeinträchtigt und ebenso, wenn ein solcher Mangel erst während der Mietzeit entsteht. Die
Mietminderung ist als
Druckmittel zur Mängelbeseitigung gedacht und darf nur so lange dauern, bis der Mangel behoben ist.
Von einem
Sachmangel der Mietwohnung spricht man, wenn deren Nutzbarkeit zum Wohnen dadurch beeinträchtigt ist. Ein Mangel kann beispielsweise eine dauernde
Lärmbelästigung sein, erheblicher
Schimmelbefall oder eine defekte Heizung im Winter ebenso wie zugige Fenster. Ein anderer Fall des Sachmangels ist das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft. Wenn Sie als Vermieter zum Beispiel Ihrem Mieter versprechen, dass Sie eine neue Küche einbauen, dies aber nicht passiert, liegt ebenfalls ein Wohnungsmangel vor.
Eine Wohnung kann aber nicht nur sachliche Mängel haben, sondern
auch rechtliche Mängel. Dies ist der Fall, wenn jemand anders ein Recht an der Wohnung geltend macht.
Beispiele:
- Der Vormieter erkennt eine Kündigung nicht an und zieht nicht aus.
- Ein Untermieter des Vormieters weigert sich, die Wohnung zu verlassen.
- Der Vermieter hat die Wohnung doppelt vermietet.
Auch in solchen Fällen ist keine vertragsgemäße Nutzung möglich, und der Mieter kann einen
Anspruch auf Mietminderung haben.
Es ist dabei meist nicht relevant, ob der Vermieter an dem Mangel schuld ist. Es geht allein um die Einschränkung der Nutzbarkeit der Wohnung. Grundsätzlich kann sogar Baulärm vom Nachbargrundstück Ihre Mieter zu einer Mietminderung berechtigen. Gerade
bei Lärm prüfen die Gerichte jedoch immer auch, ob dieser ortsüblich und deshalb hinzunehmen ist. Dies ist zum Beispiel bei Verkehrslärm oft der Fall, insbesondere, wenn schon beim Einzug des Mieters mit diesem zu rechnen war.
Allerdings hat der Bundesgerichtshof die Möglichkeiten einer Mietminderung für Umgebungslärm 2015 deutlich eingeschränkt. Danach gilt:
- Für Kinderlärm besteht laut Bundesimmissionsschutzgesetz ein Toleranzgebot. Er gilt nicht als schädliche Umwelteinwirkung und kann in der Regel weder im Verhältnis unter Grundstücksnachbarn Unterlassungsansprüche begründen, noch kann er eine Mietminderung begründen.
- Lärm vom Nachbargrundstück kann nur dann zu einer Mietminderung führen, wenn der Vermieter selbst entsprechende Unterlassungsansprüche hat, um dagegen vorzugehen.
In dem Fall ging es um einen während des Mietverhältnisses errichteten Bolzplatz nebenan [1].
Auch in einem neueren Urteil hat der Bundesgerichtshof betont, dass Mieter bei sogenannten
Umfeldmängeln - also Mängeln aus der Umgebung des Mietgrundstücks, für die der Vermieter nichts kann - nicht generell einen Anspruch auf Mietminderung haben. Man könne hier nicht von einer
stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung ausgehen, nach der zum Beispiel eine Straße immer so ruhig bleiben müsse, wie sie beim Einzug gewesen sei. Ein Sachmangel der Mietwohnung liege in solchen Fällen nur dann vor, wenn auch der Vermieter einen Abwehranspruch gegen die (meist Lärm-) Immissionen von außen habe. Ein solcher Anspruch komme nicht in Betracht, wenn die Beeinträchtigung zum Beispiel ortsüblich oder unwesentlich sei [2].
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Wohnungsmangel muss erheblich sein
Natürlich gibt es trotzdem Fälle im Mehrfamilienhaus, in denen Mieter sich von Kinderlärm aus der Nachbarwohnung gestört fühlen. Hier werden den Mietern zum Teil Ansprüche zugestanden, wenn
extremer Kinderlärm den Rahmen einer normalen Wohnnutzung übersteigt. Dann kann auch eine Mietminderung berechtigt sein [3]. Das Landgericht Berlin wies die Klage einer Mieterin jedoch ab, da der Kinderlärm diese Voraussetzungen nicht erfüllte.
Ein Mangel muss "erheblich" sein, um Minderungsansprüche zu stellen. Bagatellschäden wie ein tropfender Wasserhahn berechtigen den Mieter also nicht zur Minderung. Ebenso nicht Schäden, die nur eine rein optische Beeinträchtigung darstellen (zum Beispiel Kondenswasserflecken auf einem Parkettboden [4]). Natürlich gibt es dazu
unterschiedlichste Gerichtsurteile. Vor Gericht werden auch die Höhe der Miete und das Alter des Hauses berücksichtigt, denn bei einem Altbau kann kein Neubaustandard verlangt werden.
Weiß der Mieter beim Einzug von dem Mangel, kann er keine Minderung geltend machen. Auch dann nicht, wenn ihm der Mangel nur durch eigene grobe Fahrlässigkeit verborgen geblieben ist. Soll heißen: Wenn er die Wohnung gründlich besichtigt und den offensichtlichen, für jeden Laien erkennbaren Mangel nicht erkannt hat. Ausnahme: Sie haben ihm den Mangel arglistig verschwiegen. Allerdings kann der Mieter die Wohnung annehmen und sich dabei sein Recht auf Mietminderung wegen eines konkreten Mangels vorbehalten. Geregelt ist dies in § 536b BGB.
Wenn der Mieter den
Mangel selbst verschuldet hat, kann er ebenfalls
keine Mietminderung geltend machen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Dabei ging es um einen Mieter, der seine Stromrechnung nicht bezahlt hatte. Es kam zur Versorgungssperre durch den Stromanbieter. Nach Zahlung wurde diese aufgehoben und eine Gebühr für Sperrung und Entsperrung berechnet. Als diese vom Mieter nicht bezahlt wurde, ergriff der Stromversorger drastische Maßnahmen und deinstallierte den Zähler. Die fehlende Stromversorgung sah der Mieter nun als Wohnungsmangel an und minderte die Miete – vergeblich [5].
Mietminderung erst nach Mängelanzeige an Vermieter
Eine wichtige Voraussetzung für eine Mietminderung ist die Mängelanzeige an den Vermieter. Die Mietminderung hat nicht den Sinn, dass der Mieter Geld spart, sondern stellt ein Druckmittel gegen den Vermieter dar, damit dieser zügig den Mangel beseitigt. Dies kann er aber nicht tun, wenn er gar nichts davon weiß. Daher muss der Mieter nach § 536c BGB einen auftretenden
Wohnungsmangel dem Vermieter unverzüglich melden. Unterlässt er dies, kann er sich schadensersatzpflichtig machen, wenn durch die fehlende Mängelbeseitigung der Schaden größer wird. In der Praxis kommt dies häufig bei Feuchtigkeits- und Schimmelproblemen vor, deren Folgen gerne unterschätzt werden.
Kommt es zu dem
Mangel durch eine energetische Modernisierung des Gebäudes (z. B.
Baulärm, Schmutz, Gerüste vor den Fenstern) kann der Mieter für die ersten drei Monate der Beeinträchtigung keine Mietminderung geltend machen. Es muss bei den Arbeiten um bauliche Veränderungen gehen, "durch die in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird" (§ 555d Nr. 1 BGB).
Üblicherweise setzt der Mieter dem Vermieter
bei Auftreten eines Mangels eine Frist, um diesen zu beseitigen. Dabei muss es sich laut Gesetz um eine "angemessene" Frist handeln. Es ist zum Beispiel recht unrealistisch anzunehmen, dass Sie einen Wasserschaden im Keller innerhalb von 48 Stunden in Ordnung bringen können. Sie müssen einen vernünftigen Zeitraum haben, um den Schaden zu sichten, einen Kostenvoranschlag einzuholen und Handwerker zu beauftragen. Wie lang dieser Zeitraum ist, richtet sich auch nach der
Schwere und Dringlichkeit des Mangels. Ein Heizungsausfall im Winter etwa verträgt kein Zögern.
Die Höhe der Mietminderung ist immer wieder ein Streitpunkt. Für Mieter besteht hier die Gefahr, dass sie die
Miete um einen zu hohen Betrag mindern. In diesem Fall entsteht ein
Mietrückstand, der bei Erreichen bestimmter Beträge ein Grund für eine
fristlose Kündigung sein kann, genauer bei Erreichen eines
Rückstands von zwei Nettomonatsmieten oder einem Rückstand mit einem erheblichen Teil der Miete an zwei aufeinander folgenden Terminen (siehe Abschnitt zur fristlosen Kündigung).
Zwar finden sich im Netz immer wieder sogenannte
Mietminderungstabellen, diese geben aber nur
Einzelfallentscheidungen von Gerichten wieder, deren nähere Umstände regelmäßig aus Kürzungsgründen nicht erwähnt werden. Sie sind also nur als Beispiele zu verstehen und Ihr zuständiges Gericht kann durchaus anders entscheiden. In besonderen Fällen ist auch eine Mietminderung auf null möglich. Bei einem Heizungsausfall während der
Heizperiode wurde von Gerichten mehrfach eine Minderung um 70 oder 75 Prozent für gerechtfertigt gehalten [6]. Ein Heizungsausfall im Sommer berechtigt nicht zur Mietminderung, anders kann es wieder sein, wenn es deshalb auch kein warmes Wasser gibt.
Nicht wirksam ist ein vertraglicher Ausschluss der Mietminderung (§ 536 Abs. 4 BGB). Auf kreative vertragliche Regelungen, nach denen beispielsweise die Heizungsanlage nur zu bestimmten Tageszeiten heißes Wasser zum Duschen produziert, kann und sollte man daher verzichten.
Fußnoten:
[1] BGH, Urteil vom 29.04.2015, Az. VIII ZR 197/14
[2] BGH, Urteil vom 24.11.2021, Az. VIII ZR 258/19
[3] LG Berlin, Urteil vom 05.09.2016, Az. 67 S 41/16
[4] AG München, Urteil vom 20.04.2012, Az. 474 C 2793/12
[5] BGH, Urteil vom 15.12.2010, Az. VIII ZR 113/10
[6] AG Charlottenburg, Urteil vom 07.07.2013, Az. 216 C 7/13
letzte Änderung U.M.
am 23.03.2023
Autor(en):
Ulf Matzen
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Autor:in
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Herr Ulf Matzen
Ulf Matzen ist Volljurist und schreibt freiberuflich Beiträge für Online-Portale und Unternehmen. Ein wichtiges Thema ist dabei das Immobilienrecht, aber auch das Verbraucherrecht ist häufig vertreten. Ulf Matzen ist Mitautor des Lexikons "Immobilien-Fachwissen von A-Z" (Grabener-Verlag) sowie von Kundenzeitungen und Ratgebern.
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